Spielfeld Junge OperHILDESHEIM IST ÜBERALL: Liebe Tamara, verrate uns doch einmal zu Anfang, was Dein Beruf ist!
TAMARA SCHMIDT: Meine Berufsbezeichnung lautet „Leitung Junge Deutsche Oper“. Aber Du willst wahrscheinlich mehr wissen als nur die reine Bezeichnung meiner Stelle ... Richtig! Was genau ist denn die Junge Deutsche Oper? Die Junge Deutsche Oper ist die Kinder- und Jugendsparte der Deutschen Oper Berlin. Das heißt, wir spielen für Kinder und Jugendliche und das fängt bei uns bei den ganz Kleinen an, beim Musiktheater für die Jüngsten liegt einer unserer Schwerpunkte, geht dann bis zu jungen Erwachsenen, etwa Studierenden. Einerseits spielen wir für diese Zielgruppe – vor allem in der Tischlerei, das ist die zweite, kleinere Spielstätte der Deutschen Oper. Andererseits machen wir auch viele partizipative Projekte mit zahlreichen Kooperationspartnern aus dem Kultur-, Bildungs- und Freizeitbereich. Kinder und Jugendliche können sich bei uns mit Musiktheater, sich selbst und der Welt auseinandersetzen, Musik und Theater mitgestalten, sehen, hören und spielen. Immer forschend und in Zusammenarbeit mit Künstlern. Und was dabei ist genau Deine Aufgabe? Ich glaube, ich muss vom Plural sprechen, also, welche Aufgaben meine sind (lacht). Ich bin hauptverantwortlich für das Programm, für die Konzepte, Formate und inhaltliche, künstlerische Ausrichtung der Sparte zuständig. Woran arbeitest Du gerade? Momentan haben wir verschiedene Projekte am Laufen und in der Endvorbereitung, zum Beispiel ein Projekt mit der Jugendstrafanstalt Berlin. Da arbeiten wir mit jugendlichen Straftätern zur Musik und zu Themen von „Salome“. Das ist ein Projekt, das an den Spielplan angedockt ist, denn „Salome“ ist die nächste Premiere im Großen Haus. Gleichzeitig konzipiere ich gerade mit dem Regieteam – vor allem über Skype und Mails - die Feinheiten unserer nächsten Jugendproduktion mit dem Titel „Neuland“. Die hat in sechs Wochen Probenbeginn. Da arbeiten wir mit fünfzig jugendlichen Geflüchteten und Jugendlichen aus Berlin zusammen und entwickeln einen eigenen Utopie-Staat, den wir in der Tischlerei – auch körperlich und räumlich entstehen lassen, den man dann als Besucher ab April in einer musiktheatralen Installation begehen kann. Und in vier Wochen findet unser Winterferien-Musiklabor mit fünfzig Kindern und diversen Künstlern statt: Eine Intensivwoche mit einer Abschlussaufführung, die als Radioshow auf Radio KAKADU übertragen wird. Hier geht es momentan vor allem um die inhaltliche Feinjustierung sowie um viele Projektmanagement-Aufgaben. Nebenbei stelle ich gerade einen recht großen Antrag für ein kommendes Projekt und komme langsam in die Endkonzeption der kommenden Spielzeit. Außerdem habe ich gerade noch eine Abrechnung eines abgeschlossenen Projektes auf dem Schreibtisch liegen, die darauf wartet, bearbeitet zu werden. Heute bereite ich mich noch auf das morgige Planungstreffen mit einer Schulleitung für ein langfristiges Kooperationsprojekt vor. Übermorgen habe ich Textabgabe für unsere Tischlerei-Zeitung, das sollte ich heute auch noch machen. Vor unserem Gespräch war ich auf einer szenischen Probe in der Tischlerei und saß anschließend an der Dispo unserer mobilen Produktion, mit der wir durch die Kitas touren. Das klingt in der Tat nach ziemlich viel Arbeit. Es laufen immer viele Sachen parallel, das finde ich aber auch das Spannende an meinem Job. Also zunächst hat man das Tagesgeschäft, das heute auf den Tisch kommt und heute noch fertig werden muss, dann hat man die mittelfristige Planung und Durchführung, aber auch schon das Langfristige, denn wir überlegen uns schon jetzt Projekte und Produktionen für die kommende und übernächste Spielzeit, schreiben Konzepte und stellen dafür Anträge. Wie frei bist Du bei Deiner Arbeit? Kannst Du Dir einfach ausdenken, was Du willst und das dann einfach machen? Also ich finde, ich bin erstaunlich frei in meiner Arbeit. Aber es gibt viele Rahmenbedingungen und viele Faktoren, die die eigene Arbeit ein bisschen einschränken, ihr aber auch eine Struktur und eine Richtung geben. Schließlich bin ich Teil eines Hauses, das heißt, dass es auch erst einmal eine künstlerische Ausrichtung des Hauses gibt, auf die man sich bezieht. Es gibt aber auch personelle und finanziellen Rahmenbedingungen. Und es hängt natürlich auch immer stark von den jeweiligen Akteuren ab, sowohl von den Zielgruppen, mit denen wir arbeiten, als auch von den freien Mitarbeitern, also den Künstlern und Pädagogen, und auch von den Kooperationspartnern, die natürlich auch gewisse Vorgaben mitbringen. Aber ich kann mir tatsächlich erst einmal recht frei und wild Dinge überlegen und diese dann auf ihre Umsetzbarkeit prüfen. Wie viele Deiner Projekte setzt Du selbst noch um? Es wird immer weniger. Mir ist sehr wichtig, dass ich das noch mache, weil da auch ein Teil meines Herzens für schlägt, neben der ganzen Organisation, dem Management, der dramaturgischen und kuratorischen Betreuung. Trotzdem liebe ich es einfach, vor einer Klasse zu stehen. mit ihr zu arbeiten und den direkten Impuls von ihr zu bekommen. Ich genieße diese Momente total. Hast Du dafür ein konkretes Beispiel? Was war zuletzt so ein richtig guter Moment? Was ich total schön finde ist, dass wir in der Deutschen Oper ein großes Verantwortungsgefühl in der ganzen Flüchtlingsthematik haben. Neben einem Riesenprojekt wie „Neuland“ gibt es viele kleine Einzelinitiativen. Wir hatten zum Beispiel neulich eine ganz bunt gemischte Gruppe aus verschiedenen Ländern im Haus. Es gab keine einzige Sprache, die alle sprachen, was im Musiktheater nicht unbedingt ein Problem darstellt. Die Musik als eigene Ebene funktioniert oft auch ohne verbales Verständnis. Als wir im Anschluss an den Vorstellungsbesuch in der Kantine saßen, kamen einige Sänger noch dazu und jemand von der Leitung, und ich hatte das Gefühl, es geht nicht nur in eine Richtung, sondern es fließt auch etwas zurück. Wir als Haus fragen uns: Was macht die momentane politische und gesellschaftliche Situation mit uns als Haus aber auch mit unserer Kunstform Oper? Und dann wird so ein großer Theater-Tanker ganz durchlässig und zugänglich. Und wenn das gelingen kann, finde ich das ziemlich gut. Ist Dein Werdegang also eine KuWi-Traumkarriere? So eine klassische kulturpädagogische Laufbahn, von der Du auch schon immer geträumt hattest? Vielleicht könnte man das als eine Art KuWi-Traumkarriere bezeichnen, allerdings nicht in dem Sinn, das muss ich gestehen, dass ich vorher davon geträumt hätte. Es war auch nicht mein großes Ziel, Musiktheaterpädagogin und -dramaturgin an einem so großen Haus zu werden, und habe das auch nicht sonderlich forciert. Ich hatte das große Glück oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Es waren gute Zufälle und sicher auch Leute im Spiel, die mir Dinge ermöglicht haben und die an mich geglaubt haben oder die mit mir zusammenarbeiten wollten. Wie war denn Dein Werdegang vom Ende des Studiums bis hierher? Das ist für mich eine ein bisschen gemeine Frage, ich habe mein Studium vor nicht allzu langer Zeit erst offiziell beendet (lacht). Im Gegensatz zu manchen Kommilitonen konnte ich glücklicherweise ab Beginn des Hauptstudiums schon in meinem späteren Beruf, als Regieassistentin oder Theaterpädagogin, arbeiten und damit Geld verdienen. Ich habe eigene Projekte machen können und konnte dadurch einen Teil meines Studiums finanzieren. Wie ist das passiert? Wie wird man dafür bezahlt, dass man Projekte noch im Studium macht? Ich habe im Sommer 2006 an der Staatsoper Hannover eine klassische sechswöchige Dramaturgiehospitanz gemacht. Die Theaterpädagogik war auf dem selben Flur, auf dem auch die Dramaturgen saßen, und das fand ich, als jemand, der sich nicht festlegen möchte, natürlich toll und habe auch ein bisschen in die Theaterpädagogik reingeschnuppert. Anschließend habe ich bei einem großen theaterpädagogischen Projekt assistiert und nebenbei einige Projekte in der freien Szene gemacht. Und dann haben sie mir eine Regieassistenz bei einer kleinen Produktion in der Staatsoper angeboten. Das hat mir viel Spaß gemacht. Ich habe weitere Regieassistenzen gemacht, eigene Musikprojekte umgesetzt, anfangs in den Semesterferien, später auch während des Semesters, soweit es ging. Was war denn dann Deine erste Festanstellung? Das war in Stuttgart an der Staatsoper, noch während des Studiums, kurz bevor ich scheinfrei war. Ich habe gesehen, dass die Stelle der Musiktheaterpädagogin in Stuttgart frei wird und ich dachte: Mensch, komm, bewirbst Du dich mal, Du hast nichts zu verlieren, checkst mal Deinen Marktwert und machst nochmal ein Bewerbungsgespräch, kann ja nicht schaden! Und das hat dann prompt geklappt. Ich war da aber nur eine Spielzeit, bin danach an die Staatsoper Hannover gegangen und habe dort noch nebenbei meine Prüfungen gemacht und meine Diplomarbeit geschrieben. Und wie hast Du Deinen jetzigen Job an der Deutschen Oper Berlin bekommen? Die Leitung der Oper hat mich angesprochen. Manche Stellen bei uns im Bereich werden gar nicht ausgeschrieben, gerade die Stellen, bei denen man sich ein klares Profil von jemandem wünscht. Und warum glaubst Du, hat man gerade Dich angesprochen? In Hannover habe ich eine relativ große Bandbreite abgedeckt. Dort habe ich als Musiktheaterpädagogin angefangen und die Abteilung mit drei festen und weiteren freien Mitarbeitern geleitet. Nach zwei Jahren habe ich zusätzlich und zusammen mit einem Kollegen der Dramaturgie auch die Leitung der Jungen Oper übernommen. Diese hat ein eigenes sechsköpfiges Sängerensemble und fünf Premieren, zahlreichen Wiederaufnahmen und Projekte pro Spielzeit. Beide Bereiche sind natürlich miteinander verzahnt, denn beide haben ähnliche Zielgruppen, teilweise auch ähnliche Arbeitsweisen und beziehen sich aufeinander. Aber ich glaube, dass es nicht zum klassischen Weg eines Theaterpädagogen gehört, für den Spielplan, das Ensemble, die künstlerischen Prozesse der Sparte verantwortlich zu sein. Ich glaube, es ist diese breite Aufstellung gewesen, die für die Leitung der Deutschen Oper attraktiv war. Was war denn andersherum für Dich attraktiv hierher zu kommen? Die Deutsche Oper zeichnet sich durch namhafte Sänger, Dirigentengrößen und Regisseure aus – durch eine hohe musikalische Qualität. Und was ich an der jungen Sparte spannend finde ist, dass sie noch recht neu ist. Sie existiert erst seit drei Jahren! Mich hat es total gereizt, diese weiter aufzubauen. Meine Vorgängerin hat schon unglaublich viel gemacht und tolle Strukturen geschaffen. Daran kann ich andocken, weiter bauen, visionieren, mich für ein Bewusstsein hier im Haus einsetzen, weitere Schritte im Haus und in der Stadt gehen und immer neue Formate der Vermittlung und des Musiktheaters für junges Publikum ausprobieren. Ich habe das Gefühl, ich finde hier ein Spielfeld vor, auf dem ich mich noch ein bisschen austoben kann. Ist Aufbauen und Ausbauen denn auch etwas, was Du in Deinem Hildesheimer Studium gelernt hast? Was ich sicherlich aus Hildesheim mitgenommen habe ist, gute Konzepte zu erarbeiten und zu schreiben. Das eigene Konzept dann zehn Mal „in die Tonne“ zu treten und nochmal und nochmal zu überlegen, dreimal um die Ecke zu denken, sich einzubuddeln und am Ende kommt man vielleicht sogar da raus, wo man am Anfang war, aber man ist trotzdem den Weg gegangen. Sprich, sich auch nicht mit dem ersten Gedanken zufriedenzugeben, sondern vieles auf verschiedenen Ebenen zu überprüfen. Eine Reflektion der eigenen Arbeitsweisen bekommt man auf jeden Fall in Hildesheim mit. Gibt es etwas, was Du nicht gelernt hast? Wo Du jetzt denkst: Man, hätte mir das mal jemand beigebracht oder hätte ich doch mal dazu ein Seminar belegt? Was mir mit meinem Interesse an Musiktheater tatsächlich während meiner Studienzeit gefehlt hat, war die Verschränkung zwischen den Fächern. Denn Musiktheater ist ja die Kunstform, in der Theater und Musik zusammenkommen, wo sich die künstlerischen Disziplinen verzahnen und auch gegenseitig bedingen. Ich hatte das Gefühl, ich studiere Musik im Hauptfach und Theater im Nebenfach, aber die Verbindung gab es für mich nicht. Das hat sich dann ja mit Mathias Rebstock zum Glück geändert. Die Unterlagen aus seinen Seminaren habe ich immer noch. Im Vermittlungsbereich findet die Verzahnung noch nicht statt. Eigentlich erstaunlich bei dieser renommierten Theaterpädagogik-Abteilung der Uni Hildesheim. Wie hast Du den Übergang von der Universität in die Berufswelt erlebt? Vielleicht war es meiner Naivität geschuldet, aber ich war ein bisschen überrascht, als ich dann im Berufsleben stand und nicht mehr unter der Hildesheimer Glocke geschützt war: Ich war erstaunt, dass an einem Haus nicht alle meiner Meinung waren in Sachen Wertigkeit und Notwendigkeit von Vermittlung. Auch wenn man in Hildesheim auf viele Perspektiven und Haltungen getroffen ist und auch immer in einem Diskurs stand, gab es trotzdem eine einheitliche Grundrichtung: Vermittlung ist in welcher Form auch immer und an wen auch immer und wie auch immer motiviert erst einmal wichtig. An vielen großen Häusern besteht dafür oft kein oder ein überholtes Verständnis. Außerdem habe ich gelernt, dass viele Dinge in der Praxis einfach schnell gehen müssen. Da hat man nicht zwei Stunden Zeit noch einmal zu recherchieren und nachzudenken, sondern es muss manchmal einfach funktionieren, man muss schnell etwas produzieren und abgeben. Und da muss man sich manchmal vom ewigen Reflektieren ein bisschen freimachen, sonst überlebt man einfach nicht. Hast Du in Deinem Beruf noch mit anderen Hildesheimer Kulturwissenschaftlern zu tun? Ja, ganz viel. Ich sitze jetzt in einem Ballungszentrum der kulturschaffenden Hildesheimer und saß davor in Hannover in einem ähnlichem Ballungszentrum. Momentan arbeite ich zum Beispiel in einem Projekt mit zwei Künstlern zusammen, die aus Hildesheim kommen, ein Kooperationspartner des Projekts ist Leiter eines Jugendkulturzentrums, der hat auch in Hildesheim studiert. Und das Projekt wird finanziert von einer Stiftung, deren Referentin auch eine Hildesheimerin ist. Klingt ein bisschen nach Inzest (lacht). Bringst Du die ganzen Hildesheimer hier her oder ist das ein Zufall, der dann später erst rauskommt? Meistens kommt das erst später raus. Neulich habe ich mich mit einem Musiker getroffen, mit denen ich jetzt ein Projekt mache. Wir hatten telefoniert und gemailt, uns aber noch nicht gesehen. Und irgendwann haben wir uns hier in der Kantine getroffen und uns beide gedacht: Hey, ich kenne dich ja! Wir hatten zusammen studiert, sogar im gleichen Semester, hatten uns nur nicht mehr an die Namen erinnert. Glaubst Du, dass es einen gemeinsamen Hildesheimer Spirit gibt? Ich glaube tatsächlich, dass der existiert. Was ich immer beobachtet habe ist, dass alle von uns Hildesheim und KuWi lieben, aber diesem gleichzeitig irgendwann auch entkommen wollen. Es ist wie mit Eltern: Man hatte eine schöne und behutsame Zeit, die sehr wichtig war, aus der man ganz viel mitgenommen und tolle Impulse bekommen hat. Aber irgendwann muss man auch seinen eigenen Weg gehen, sich neuen Einflüssen aussetzen und sich von der Brutzeit emanzipieren. Aber immer wenn ich Hildesheimer treffe und man sich austauscht, denkt man, es gibt doch etwas total Verbindendes. Woran liegt das? Ich glaube, das steht nicht nur in der Verbindung, dass man ähnliche Dozenten hatte oder irgendwelche gemeinsamen Anekdoten von früher erzählen kann, sondern ich glaube, es gibt so eine Art gemeinsamen Geist – das klingt jetzt recht spirituell, aber es ist ja doch eine sehr eigene Form, die man in Hildesheim lernt. Ich glaube, es gibt dann vor allem ein Verständnis für den anderen und auch für die Arbeitsweisen des anderen, wenn man selbst dort war und das erlebt hat. So habe ich gelernt, aber gar nicht mal in einem konkreten Seminar, sondern eher durch diese Grundhaltung, die einem vermittelt wird, dass man einen Gegenstand oder ein Thema von ganz vielen Seiten her beleuchten kann. Mir fällt das zum Beispiel oft auf, wenn ich mit Kollegen zusammenarbeite, die nur ein Fach studiert haben, und das wissenschaftlich wahrscheinlich wesentlich tiefgreifender als wir. Wir KuWis sehnen uns danach, einmal etwas „Richtiges“ zu lernen, das man dann vorweisen kann. Das haben wir halt eher nicht. Dafür sind wir unglaublich gute Allrounder, haben einen umfassenden Blick und diese andere Haltung, die uns KuWis qualifiziert. Was würdest Du denn einem jetzigen Hildesheimer Studierenden mitgeben? Ich habe Studium und Praxis immer eng miteinander verbunden, habe das, was ich in der Praxis erlebt hatte, in der Theorie untermauern und reflektieren können, aber umgekehrt eben auch. Deswegen würde ich jedem raten, schon während der Hildesheimer Zeit so viele Praxiserfahrungen wie möglich zu sammeln. Hat die Oper eigentlich vor dem Studium überhaupt eine Rolle in Deinem Leben gespielt? Nein, gar nicht. Musik schon, Theater auch, aber nicht Oper oder Musiktheater als solches. Bei meinem allerersten Opernerlebnis war ich circa 13 Jahre und es war aus heutiger Sicht ein eher zweifelhaftes Kunstprodukt. Das war „Der Freischütz“ von einem Privattheater im Stadttheater Bayreuth. Oper wie man es sich klischeehaft vorstellt: Die dicke Sängerin, die im schönen Kleid an der Rampe steht und das Publikum mit ihrem Gesang anschreit und alle fragen sich, warum die jetzt singt. Aber trotzdem fand ich es total faszinierend und berührend. Auch wenn ich selbst die Erfahrung nicht gemacht habe, versuche ich heute Musiktheater für Kinder und Jugendliche zu schaffen, das dieser Zielgruppe anspricht, sie in ihrer Lebensrealität mitnimmt und als Wechselspiel gleichzeitig die Impulse der Zielgruppen in die Stücke und Formate aufnimmt. Tamara, was willst Du mal werden, wenn Du einmal groß bist? Ich liebe meinen Job, ich kann mir auch gerade gar nichts anderes vorstellen. Ich liebe diese Bandbreite, Ich konzipiere, organisiere, kuratiere, kommuniziere viel – und das mit einem total schönen Gegenstand, an dem man sich auch persönlich abarbeiten kann. Ich weiß nicht, in welchem Bereich das sonst noch so möglich wäre. Aber wenn es diese Faktoren irgendwo anders gäbe, fände ich das sicher auch spannend. Es muss nicht die Oper sein, auch wenn es meine Leidenschaft ist. Liebe Tamara, vielen Dank für das interessante Gespräch! |
Sehr smart: Das Bewerbungsfoto von Tamara Schmidt für die Position an der Staatsoper Hannover. (Foto: privat)
Etwas früher: Das Bewerbungsfoto von Tamara Schmidt für die Ausschreibung in Stuttgart. (Foto: privat)
KurzprofilLeiterin der Jungen Deutschen Oper Berlin
Abschluss: Diplom-Kulturwissenschaftlerin (2012) Hauptfach: Musik Nebenfach: Literatur/Theater/Medien (zuvor Bildende Kunst) Bezugsfach: Psychologie |